Montag, 2. März 2009

Traurig und zum Nachdenken

Ich hab das eben auf der Seite der Tierherberge gefunden wo ich gestern mit meiner Mama bei Ihrer Patenhündin zum Gassi gehen war... (dazu irgendwann die Woche mehr) und es hat mich total berührt!!!!

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Im Nachgang zu der schlimmen Treibjagd im
pfälzischen Eußertal am 24.1.09
und zum Gedenken an die getöteten und schwer verletzten Tiere!


Gedanken eines sterbenden Wildschweins

Heute Morgen war die Welt noch in Ordnung. Ich lag mit meiner Familie im
Dickicht im Wald und schlief. Alles war vertraut.
Es war noch nicht Mittag, als ich mit meiner Familie (ihr Menschen nennt es
Rotte, warum weiß ich nicht) vom Lärm der Menschen und Hunde geweckt wurde.
In Angst rannten wir alle los, manche konnten sich retten, aber ich lief
offensichtlich in die falsche Richtung. Dann gab es einen Knall. Im ersten
Moment wusste ich gar nicht was los war, ich spürte einen Schmerz an der
Schulter und meine Angst wurde zur Panik als mir klar wurde, dass ich um mein
Leben rennen muss. Ich rannte einfach weiter, einfach planlos durch den Wald.
Mein Herz klopfte bis zum Hals und meine Angst war so groß, dass ich mich gar
nicht konzentrieren konnte wo ich hinlaufen sollte.
Ich lief den Berg runter und immer weiter, aus dem Wald raus. Was hätte ich
denn sonst tun können? Ich wollte nur mein Leben retten, nur weg von diesen
Menschen die mich mit ihrem Knall verletzt hatten und mich umbringen wollten.
Warum, fragte ich mich, warum wollen sie mich töten? Was habe ich Ihnen
getan?
Dann tauchten Häuser auf und Gärten, und dann die Straße. Das Auto habe ich
nicht kommen sehen. Schon wieder ein Knall, aber harmlos im Vergleich zu
meiner Schulter. Ich lief zurück in die Gärten.
Es gab nirgends ein geeignetes Versteck für mich und ich lief einfach weiter
hinter den Häusern an den Gärten entlang. Verschwommen hörte ich wie sich die
Menschen unterhielten. Sie sprachen von Schäden, die ich und meine Familie
verursachen würden. Vom Schaden am Auto - das tut mir leid -, aber das wollte
ich doch nicht, ich habe es doch einfach nicht gesehen in meiner Angst. Ich
wollte doch auch gar nicht auf der Straße sein, ich wünschte ich könnte zurück in
den Wald, aber dorthin kann ich nicht zurück, dort will man mich töten.
Die Menschen sprachen auch von Schäden im Feld, wenn ich und meine
Verwandten auf Nahrungssuche gehen. Habe ich dort auch schon mal etwas
kaputt gemacht? Ich weiß es nicht. Ich esse eben was auf dem Boden liegt oder
grabe mir etwas aus. Woher soll ich wissen, bis wohin ich fressen darf wenn dort
kein Zaun ist? Ich klettere nicht über Zäune. Warum machen sie denn keinen
Zaun dort hin, wo ich nicht hinein darf? Um ihre Häuser machen sie doch auch
Zäune.
Wenn ich etwas kaputt gemacht habe dann tut es mir leid, ich wusste nicht, dass
es für euch Menschen so wichtig war, so wichtig, dass Ihr mich deswegen tötet
wollt. Außerdem war ich doch im Wald, ich kann es gar nicht gewesen sein.
Vielleicht verwechseln sie mich?
Im Wald an den Hochsitzen wird oft extra für uns Getreide hingestreut. Wenn
wir viel von dem Getreide fressen können wir uns schneller vermehren, aber
jetzt sagen sie, dass wir zu viele sind. Warum füttern sie uns denn dann?
Es tut mir weh wie die Menschen über mich reden und wie sie über mich lachen.
Dass ich auf den Grill komme. Warum sagen sie das? Warum können Sie mir nicht
wenigstens soviel Respekt entgegen bringen dass sie nicht so gehässig über mich
reden? Sie bewaffnen sich mit einer seltsamen Lanze. Hinter einem Fenster
sehe ich ein Kind. Ich spüre dass auch Menschen hier sind, die mir gerne helfen
würden, das ist ein geringer Trost.
Ich merke wie das Blut an mir herunter läuft und versuche mich trotz meiner
Schmerzen zu konzentrieren.
Ich laufe weiter und versuche noch einmal einen Garten zu durchqueren um auf
die andere Straßenseite zu kommen. Plötzlich stehe ich auf einem Garagendach.
Zum Glück bemerke ich es noch rechtzeitig. Ich laufe die Treppe hinunter und
hinterlasse eine Blutspur. Im Hof steht ein Mann. Fast hätte ich ihn angegriffen
in meiner Panik, aber ich kann wieder so klar denken, dass ich erkenne dass er
mir nichts tun will, also laufe ich weiter, schnell über die Straße, die Wiese und
über den Bach auf die andere Seite des Waldes.
Jetzt bin ich vorläufig in Sicherheit und verkrieche mich im Dickicht.
Aber ich bin schwer verletzt. Ich weiß nicht ob ich es überleben werde. Die
Schmerzen sind unerträglich und ich fühle mich so schwach.
Vielleicht kommen sie mit Hunden nach mir suchen. Dann werde ich zu schwach
sein um wieder fortzulaufen und sie werden mich doch noch erschießen. Dann
hätten wenigstens die Schmerzen ein Ende, aber ich müsste noch ein letztes Mal
den herabwürdigenden Blick eines Menschen ertragen. Vielleicht sterbe ich aber
auch vorher alleine, auch wenn es lange dauert, so habe ich doch meine Ruhe.
Ich weiß nicht, was mir lieber ist. Ich weiß, dass ich keine Chance habe.
Ich weiß, dass ich meine Familie nie wieder sehen werde. Viele meiner
Artgenossen haben sich jetzt schon gepaart, vielleicht trage auch ich schon
Kleine in mir. Ich werde es nie wissen und nie erleben wie sie zur Welt kommen.
Es gibt so vieles was ich gerne noch erlebt hätte. Auch wenn sich das ein Mensch
vielleicht nicht vorstellen kann.
Ich hatte ein Leben, das für mich von Bedeutung war. Genau wie Du.



Christine Simon
www.pro-iure-animalis.de

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